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Interview: Greta Koch über die Umsetzung der EU CSDDD und ihre Auswirkungen

Greta Koch, Mitverhandlerin der EU CSDDD, gibt Einblicke in die nächsten Schritte zur Umsetzung in nationales Recht. Sie erläutert die Bedeutung für Unternehmen und welche Maßnahmen sie ergreifen sollten, um sich vorzubereiten.


Zur Person:

Greta Koch ist Mitarbeiterin im Büro von Axel Voss, Mitglied des Europäischen Parlaments (MdEP), und hat die CSDDD seit 2020 mitverhandelt.

 

  1. Können Sie uns zum Einstieg aus der Insider Perspektive einen Einblick geben? Was sind die nächsten zu erwartenden Meilensteine auf dem Weg zur Umsetzung der CSDDD in die nationalen Gesetzgebungen? 

    Am 24. Mai* wird der Rat der EU die CSDDD final absegnen. Danach wird das Gesetz unterschrieben und im „official journal“ der EU veröffentlicht. Zwanzig Tage später tritt das Gesetz dann in Kraft. Ab dem Moment haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit um die EU Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Ein weiteres Jahr später, also Mitte 2027, müssen die ersten Unternehmen das Gesetz umsetzen. Wir starten mit den Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und 1,5 Milliarden jährlichem Umsatz. 2028 sind dann die Unternehmen mit mehr als 3000 Mitarbeitern und 900 Millionen Umsatz dran und zuletzt 2029 Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und 450 Millionen Umsatz. Die Richtlinie gilt auch für nicht-europäische Unternehmen, die 450 Millionen ihres jährlichen Umsatzes innerhalb der EU erwirtschaften. 

  2. A propos Anwendungsbereich. Könnten Sie nochmal kurz die Anwendbarkeit für Franchiseunternehmen bzw. Oberste Mutterobergesellschaften erläutern? 

    Für bestimmte Franchiseunternehmen wie z.B. McDonalds gilt, dass sie unter den Anwendungsbereich fallen, wenn sie Einnahmen durch Förderabgaben in Höhe von 22,5 Millionen Euro erhalten. Ein Mutterkonzern fällt dann unter den Anwendungsbereich, wenn der Konzern als Ganzes die Schwellenwerte erfüllt, also 1000 Mitarbeiter beschäftigt und 450 Millionen Umsatz macht. Hier kommt hinzu, dass der Mutterkonzern dann nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich die Bestimmungen erfüllen muss, sondern auch für alle Tochterunternehmen. 

  3. Die Umsetzung wird noch einige Jahre dauern. Unternehmen sollten aber nicht zu lange warten mit der Umsetzung. Wo sollten Unternehmen Ihrer Meinung nach beginnen?
    Die EU-Richtlinie baut direkt auf den internationalen Standards der OECD auf. Unternehmen können schon jetzt ihren Sorgfaltspflichtenprozess auf den OECD-Richtlinien aufbauen. Zudem kann man mit einer groben Risikoanalyse bereits beginnen, in dem man die Transparenz über die Lieferkette erhöht. Hier gibt es bereits viele gute Industrieinitiativen, die Unternehmen dabei unterstützen können. 

  4. Im Rahmen der CSDDD sind Leitfäden von EU-Seite zur Umsetzung vorgesehen. Wann können Unternehmen mit den ersten Leitlinien rechnen?

    Die Kommission hat nun zwei Jahre Zeit, die Leitfäden herauszugeben. Diese betreffen den gesamten Sorgfaltspflichtenprozess, also zum Beispiel auch, welche Risiken man besonders betrachten soll und wie man mit Stakeholdern umgehen soll.

  5. Wie können Unternehmen sicherstellen, dass sie wirklich einen „angemessenen risikobasierten Ansatz“ verfolgen?

    Die OECD baut ihren Prozess auf einer sehr klaren Liste von Risikofaktoren auf, die wir übernommen haben. Unternehmen sollen dort hinschauen, wo Risiken aufgrund von Standort, Sektor, Produkt oder Unternehmensmodell besonders schwerwiegend und besonders wahrscheinlich sind. Die Kommission soll eine Liste dieser Risikofaktoren noch weiter konkretisieren. Zudem können Unternehmen die Bereiche der Lieferkette de-priorisieren, in denen Menschenrechte und Umweltstandards bereits stark geschützt werden, also in den allermeisten Sektoren innerhalb der EU. 

  6. Was glauben Sie persönlich, wird die größte Auswirkung der CSDDD sein?

    Die CSDDD erwartet, dass die größten Unternehmen für die Risiken, die sie selbst ausgelöst haben, Verantwortung tragen – nicht mehr und nicht weniger. Zudem haben Opfer von Schäden, die von diesen Unternehmen ausgelöst wurden, Anspruch auf Schadensersatz vor europäischen Gerichten. Dies sollte den Schutz von Menschenrechten und Umwelt zumindest in den Teilen europäischer Lieferketten stärken, wo das Geschäftsmodell noch selbst direkt und bewusst auf billiger menschenverachtender Produktion aufbaut.

 

Vielen Dank für das Interview!

*Das Interview wurde im Mai geführt. Inzwischen hat der EU-Rat die Richtlinie abgesegnet.