Die ersten Unternehmen müssen über ihr Geschäftsjahr 2024 gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten. Wir haben die spannendsten Fragen aus verschiedenen Webinaren der letzten Wochen zusammengestellt.
Die ersten Unternehmen müssen über ihr Geschäftsjahr 2024 gemäß der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) berichten. Vor diesem Hintergrund führte LRQA eine Reihe von Webinaren zum Thema „Elevating Sustainability: Understanding the CSRD/ESRS Requirements“ durch. LRQA fungiert dabei als Umsetzungspartner für das UN Global Compact Network Schweiz & Liechtenstein (GCNSL). Die vier Webinare konzentrierten sich auf die wichtigsten Konzepte und Grundlagen der CSRD (Webinar 1), die allgemeinen Angaben inklusive einer Fallstudie zur doppelten Wesentlichkeitsanalyse (Webinar 2) sowie auf die themenspezifischen ESRS im Umweltbereich (Webinar 3) und im Sozialbereich (Webinar 4)"
Als Mitglied des GCNSL können Sie die Aufzeichnungen dieser Webinare kostenlos ansehen. Nicht-Mitglieder können gegen eine Gebühr von CHF 100 pro Webinar auf die Aufzeichnungen zugreifen. Für Details können Sie uns gerne kontaktieren.
Während der Webinare hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Hier finden Sie eine Sammlung der spannendsten Fragen und Antworten:
Konzepte und Grundlagen der CSRD
Gibt es obligatorische Offenlegungen für die themenspezifischen ESRS?
Es gibt keine obligatorischen Offenlegungen für die themenspezifischen ESRS. Dies war im Entwurf der ESRS noch vorgesehen, wurde aber in der endgültigen Version geändert. Darüber hinaus enthält die endgültige Version der ESRS nicht mehr den „comply or explain“-Ansatz. Wenn ein Thema nicht als wesentlich angesehen wird, ist keine Erklärung erforderlich. Die einzige Ausnahme stellt der ESRS E1 Klimawandel dar, für den eine ausführliche Begründung erforderlich ist, wenn das Thema nicht als wesentlich eingestuft wird.
Nehmen Nicht-EU-Muttergesellschaften die Berichtspflicht im Allgemeinen auf Konzernebene an, oder berichten sie nur auf Ebene der EU-Tochtergesellschaften?
Unserer Erfahrung nach gehen Nicht-EU-Muttergesellschaften unterschiedlich mit der Berichtspflicht um. Einige Konzerne entscheiden sich dafür, von Anfang an auf Konzernebene zu berichten, auch wenn die Muttergesellschaft erst ab 2028 den CSRD-Anforderungen unterliegt. Dieser Ansatz kann beispielsweise auf die interne Organisation zurückzuführen sein, die es effizienter macht, von Anfang an auf Konzernebene zu berichten, als für jede Tochtergesellschaft separate Berichte zu erstellen. Andere Unternehmen beginnen mit der Berichterstattung auf Ebene der Tochtergesellschaften und nutzen dies als „Testlauf“, um ihre Berichterstattungsprozesse und die damit verbundene Governance zu entwickeln und zu verfeinern, oder aus organisatorischen Gründen, wenn die Tochtergesellschaften weitgehend unabhängig sind. Ungeachtet der Umstände empfehlen wir, mit der Berichterstattung auf Konzernebene zu beginnen oder zumindest die erforderlichen Strukturen und die Datenerhebung auf Konzernebene zu errichten, auch wenn die Berichterstattung zunächst nur auf Ebene der Tochtergesellschaften erfolgt. Dies gewährleistet einen reibungsloseren Übergang zu einer umfassenden Berichterstattung auf Konzernebene.
In welchem Verhältnis steht die CSDDD zur CSRD und wie sollten sich Unternehmen auf die Umsetzung beider Richtlinien vorbereiten?
Während sich die CSRD ausschließlich auf die Berichterstattung konzentriert, enthält die CSDDD Anforderungen an die menschenrechtlichen und ökologischen Sorgfaltspflichten. Die CSDDD schreibt vor, dass die Berichterstattung über die Umsetzung dieser Sorgfaltspflichten in Übereinstimmung mit den CSRD-Anforderungen zu erfolgen hat und somit in den nichtfinanziellen Bericht aufzunehmen ist. Gleichzeitig sind die Ergebnisse der Due-Diligence-Prozesse ein wichtiger Beitrag zur Impact-Perspektive in der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, die in der CSRD gefordert wird. Hinsichtlich des Ansatzes und der Projektorganisation sehen wir einen Unterschied zwischen CSDDD- und CSRD-Umsetzungsprojekten. Due-Diligence-Prozesse sollten, da sie sehr operativ sind und eine Kernaktivität der Nachhaltigkeit darstellen, von den Nachhaltigkeitsteams durchgeführt und von anderen betroffenen Teams, wie z.B. Beschaffungsteams, unterstützt werden. Im Gegensatz dazu wird die CSRD-Implementierung häufig vom Finanz-/Berichterstattungsteam geleitet (oder zumindest sind sie stark involviert), welches wiederum eng mit dem Nachhaltigkeitsteam zusammenarbeitet. Wir halten diesen Ansatz für sinnvoll, da die Nachhaltigkeitserklärung Teil der integrierten Berichterstattung des Unternehmens ist und die Finanz-/Berichterstattungsteams über umfangreiche Erfahrungen bei der Umsetzung von Berichtsstandards oder Datenerhebungsstrukturen verfügen.
Wie können Unternehmen ihre Berichterstattung nach den GRI- und IFRS-Nachhaltigkeitsstandards in ihre CSRD-Berichterstattung integrieren?
Die GRI-Standards, die sich auf die Impact-Perspektive konzentrieren, und die ESRS sind weitgehend miteinander kompatibel, da die Impact-Perspektive bei den ESRS auf den GRI-Standards aufbaut (siehe den von EFRAG veröffentlichten entsprechenden Kompatibilitätsindex). Bei den IFRS-Nachhaltigkeitsstandards, die sich auf Risiken und Chancen konzentrieren, ist die Situation ähnlich. Es gibt relativ große Überschneidungen zwischen den ESRS 2 und E1 und den IFRS-Nachhaltigkeitsstandards (siehe den entsprechenden von EFRAG veröffentlichten Interoperabilitätsindex). Möchte ein Unternehmen zusätzlich zu den CSRD auch nach den GRI- oder IFRS-Nachhaltigkeitsstandards berichten, empfehlen wir, im Bericht separate Indizes für die jeweiligen Berichtsstandards zu erstellen. Von der Struktur her empfehlen wir, einen solchen Gesamtbericht auf den CSRD aufzubauen und gegebenenfalls durch Angaben zu den anderen Standards zu ergänzen.
Doppelte Wesentlichkeitsanalyse
Wie wird die doppelte Wesentlichkeitsanalyse geprüft? Wie detailliert muss der Prozess im Nachhaltigkeitsbericht beschrieben werden?
Im Moment unterliegt die doppelte Wesentlichkeitsanalyse einer Prüfung mit begrenzter Prüfsicherheit ('limited assurance'). Im Laufe der Zeit (voraussichtlich ab 2028) wird eine angemessene Prüfsicherheit ('reasonable assurance') erforderlich sein. Eine revisionssichere Dokumentation des Prozesses ist erforderlich. Dies beinhaltet eine detaillierte Dokumentation der Methodik, der Ergebnisse, der Prozesse und der getroffenen Entscheidungen. Diese detaillierte Dokumentation muss nicht in den Nachhaltigkeitsbericht integriert werden. Wir empfehlen, eine kurze Beschreibung der Methodik, der Ergebnisse und der Prozesse auf allgemeiner Ebene in den Nachhaltigkeitsbericht aufzunehmen.
Auf welchem Detaillierungsgrad sollte die Bewertung der doppelten Wesentlichkeit durchgeführt werden?
Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse ist auf der Ebene der einzelnen Auswirkungen, Risiken und Chancen (IROs) durchzuführen. Wir empfehlen, die Liste der Themen, Unterthemen und Unterunterthemen der ESRS (ESRS 1, AR 16) als Grundlage für die Identifizierung potenzieller IROs zu verwenden. Die als wesentlich identifizierten IROs bilden den Ausgangspunkt für die Definition der einzelnen zu berichtenden Datenpunkte und Offenlegungspflichten.
Muss die Wesentlichkeitsanalyse offiziell von der Unternehmensleitung (z. B. dem Vorstand) genehmigt werden?
Nach dem ESRS ist eine offizielle Genehmigung durch die Unternehmensleitung, z. B. durch die Geschäftsleitung oder den Aufsichtsrat, nicht erforderlich. Wir empfehlen jedoch dringend, eine solche Genehmigung einzuholen, da sie mehrere Vorteile hat. So kann die Identifizierung wesentlicher IROs einen strategischen Wert haben, da sie die langfristige Strategie des Unternehmens beeinflussen können. Außerdem können Nachhaltigkeitsaspekte frühzeitig in das Risikomanagement integriert werden. Am wichtigsten ist jedoch, dass die Einbindung der Unternehmensführung dazu beiträgt, Nachhaltigkeitsaspekte in der Organisation zu verankern und eine Kultur des Bewusstseins und der Verantwortung zu fördern, die über das zentrale Nachhaltigkeitsteam hinausgeht.
Sozialstandards
Wir wird in den ESRS zwischen der eigenen Belegschaft ('own workforce') und den Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette ('workers in the value chain') unterschieden?
Unter die eigene Belegschaft fallen alle Personen, die bei einer Kerntätigkeit / an Kernprozessen des Unternehmens mitarbeiten. Darunter fallen unter anderem Personen, die in einem Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen (Beschäftigte) sowie alle nicht-angestellte Beschäftigte, bei denen es sich um Personen handelt, die mit dem Unternehmen einen Vertrag über die Erbringung von Arbeitsleistungen geschlossen haben (Selbstständige/Contractors) und die von externen Unternehmen bereitgestellt werden, die in erster Linie im Bereich der Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften tätig sind. Demnach fallen auch Personen darunter, die Logistikdienstleistungen auf dem Betriebsgelände erbringen oder Marketingaktivitäten und Kampagnen für das Unternehmen ausführen und dabei dem Unternehmen zugeordnet werden können (z.B. aufgrund der Kleidung).
Unter Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette werden in den ESRS alle Arbeitskräfte in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette des Unternehmens verstanden, auf die das Unternehmen wesentliche Auswirkungen hat oder haben kann, einschließlich der Auswirkungen, die mit der eigenen Geschäftstätigkeit und Wertschöpfungskette des Unternehmens, auch mit seinen Produkten oder Dienstleistungen sowie seinen Geschäftsbeziehungen verbunden sind. Darunter fallen u.a. Arbeitskräfte, die ausgelagerte Dienstleistungen an der Betriebsstätte des Unternehmens verrichten (z. B. Bewirtungs- oder Sicherheitspersonal von Dritten), Arbeitskräfte eines vom Unternehmen unter Vertrag genommenen Lieferanten, Arbeitskräfte in einem nachgelagerten Unternehmen, das Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens erwirbt, Arbeitskräfte eines Ausrüstungslieferanten des Unternehmens, die an einer Betriebsstätte des Unternehmens die Ausrüstung des Lieferanten (z. B. Fotokopiergerät) regelmäßig instand halten, und Arbeitskräfte, die tiefer in der Lieferkette Rohstoffe gewinnen, die dann zu Bestandteilen verarbeitet werden, die in den Produkten des Unternehmens verwendet werden.